Die Preisgestaltung

Für viele ein schwieriges Thema. Wie hoch soll ich meine Preise ansetzen? An was orientiere ich mich? Am Markt, sprich an der Konkurrenz? An dem, was irgendwelche Beraterinnen empfehlen? An den Preisen meiner Ausbilderin? Fange ich mit günstigen Anfangspreisen an, weil ich ja selbst noch üben muss? Oder starte ich ganz im Tauschgeschäft? Verschenke ich meine Leistung, weil ich noch nicht glauben kann, dass sie bei anderen Menschen einen Wert schafft?

Fangen wir mal ganz praktisch an: Wie teuer musst du sein, um deine eigenen Kosten zu decken? Über diesen Punkt solltest du dir zunächst Klarheit verschaffen. Wenn du ein Produkt verkaufen willst, dann sind dies zum einen die Material- und Produktionskosten. Willst du das Produkt über den Handel vertreiben, musst du auch hier die übliche Marge einplanen, damit auch der Handel vom Verkauf deines Produktes leben kann. Wenn du deine Leistung als Dienstleistung anbietest, dann gehören zu deinen Kosten beispielsweise Raummiete, Werbungs- und Marketingkosten oder im Internet alle Plattformen, die du buchst, um Webinare oder andere Kurse anzubieten.  Wenn du dies kannst, dann unterteile die Kosten in solche, die laufend anfallen und solche, die erst entstehen, wenn ein Produkt oder eine Dienstleistung verkauft wird. Wenn du bisher angestellt warst, dann musst du dich auch daran gewöhnen, dass du als Unternehmerin bestimmte Kosten tragen musst, die bisher deine Arbeitgeberin für dich bei der Lohnabrechnung sofort abgezogen bzw. auch zusätzlich getragen hat. Das ist zum einen deine Sozialversicherung (Krankenkasse, Rentenversicherung und ggf. Arbeitslosenversicherung), das ist die Steuer und das sind notwendige Puffer, falls du krank wirst und keine Leistung erbringen kannst. Diese Beträge gilt es jetzt in deine Rechnung mit einzukalkulieren. All diese Kosten wollen durch dein Geschäft gedeckt werden, jenseits davon, dass du auch noch für deine Arbeit, dein Wissen und deine Zeit bezahlt werden willst.

Notiere bitte einmal, was deine Leitplanken sind, an denen du deine Preise festmachst. Es muss am Ende nicht ein fester Stunden- oder Tagessatz rauskommen, aber Leitplanken sind hilfreich.

Also beispielsweise die Festlegung, ich will im mittleren Preissegment meines Marktes arbeiten, ich kenne Kolleginnen, die bieten meine Dienstleistung für 60 € an und andere, die bieten sie für 140 € an, also werde ich mich zwischen 80 und 110 € bewegen wollen. Meistens sind die Grenzen nach oben hin weiter offen, sie sind bloß oft gar nicht so sichtbar. In der Hinsicht bewegen wir uns bei Preisen oft in einer Wahrnehmungsblase, die höhere Stundensätze so ausblendet, dass sie für uns nicht sichtbar sind. Zumal hohe Stundensätze sich oft nicht auf Homepages finden, sondern erst im Verkaufsgespräch kommuniziert werden. Sie sind von daher schwerer ausfindig zu machen.

Viele machen die Preise an ihren Kundinnen fest. Sie haben bestimmte Personen im Blick und fantasieren für diese Personen, was diese wohl bereit sind zu bezahlen. Was diese zahlen können. Wenn du unbedingt mit einer bestimmten Zielgruppe arbeiten willst, dann frag sie wenigstens, welche Preise sie bereit sind zu zahlen. Ich habe eine zeitlang mit Menschen gearbeitet, die chronisch im Dispo waren. Da war auch sonst das Geld knapp, sonst wären sie ja nicht im Dispo. Mir fiel es am Ende einer solchen Session immer schwer, eine Rechnung zu stellen. Immerhin hatte ich die Person aus dem Dispo herausbefördert, aber die Höhe meiner Rechnung erhöhte die Wahrscheinlichkeit, dass gleich der nächste Dispo in Anspruch genommen werden muss. Ich habe das dann mal mit einigen Personen aus dieser Gruppe besprochen. Die Antwort hat mich überrascht. Alle waren in dem Tenor, sich erwachsen und stolz zu fühlen, endlich mal für eine Leistung ordentlich gerade zu stehen und das Geld dafür sauber einzukalkulieren. Hätte ich ihnen einen Sonderpreis gemacht, hätten sie sich schon wieder wie Kunden zweiter Klasse gefühlt. Ich war wirklich überrascht und habe mich sehr gefreut, dass Preise ganz anders wahrgenommen werden können.

Es kann sein, dass du zunächst nicht glaubst, dass du in einem neuen Preissegment genug Kundinnen finden wirst. Es gibt für jedes Preissegment Menschen, die bereit sind, dafür zu bezahlen. Du musst sie nur finden und richtig ansprechen. Das kann eine Herausforderung sein, aber die Kunden gibt es da draußen. Und Menschen, die bereit sind mehr Geld gerade für eine Beratungsleistung zu zahlen, sind in der Regel motivierter. Es kann sich also durchaus lohnen, mit den Preisen hochzugehen. Denn auch niedrige Preise schrecken ab. Sie sagen ja etwas aus über dein Können oder auch über das, was du über dein Können selbst denkst.

 

Nach oben hin erleben die meisten Menschen auch Grenzen. Diese liegen im eigenen Selbstwert begründet und auch im Abschätzen von Aufwand und möglicherweise auch dem Verlust von Kunden, die einem lieb sind. Das Wichtigste ist aber der Selbstwert. Wenn es hier Grenzen gibt - und leider gibt es die unbewusst bei den meisten - dann geht der Preis irgendwann nicht weiter. Dann werden Preise zwar vielleicht noch genannt, aber das Gegenüber merkt die Unsicherheit, merkt, dass man sich diesen Preis selbst nicht abnimmt. Hier ist es wichtig, erst den eigenen Selbstwert anzupassen und genau zu spüren, ob der neue Preis auch im Herzen schon so angekommen ist, dass er sich zwar aufregend anfühlen darf, aber es sich eben irgendwie ambitioniert richtig anfühlt und nicht gefühlsmässig komplett mit Ungläubigkeit wahrgenommen wird.