Ready to grow?

Gerade habe ich wieder eine Marketingmail bekommen. Mit der Überschrift “Ready to grow”. Ich habe Widerwillen gespürt und mich aus einem Impuls heraus bei diesem Dienstleister abgemeldet. Ich mag diese Trigger nicht mehr in meinem Leben.

Mit jedem Jahr mehr nervt mich der Impetus, alles müsse immer größer, toller, automatischer und skalierbarer werden. Wenn mir jemand sagt, ich müsse mich nur ordentlich anstrengen - und ein Programm bei ihnen buchen-, dann würde mein Flugzeug endlich durchstarten, dann möchte ich lieber eine Segelflugzeug sein. Welches von einem Berg mit einer Böe elegant startet und dann mal mit Aufwind und mal mit Abwind gemütlich über die Landschaft fliegt.

Wenn ich aber genau darüber nachdenke, dann nervt mich das Marketing um Wachstum und eine bestimmte Form der Fremdbestimmung. 

 

Ich nehme mir heraus, selber zu bestimmen, in welchen Bereichen ich wachsen will und in welchen Bereichen ich nur noch durchs Leben gleite. 

 

Tatsächlich merke ich dabei, dass ich dabei Impulse von außen - also eher die marketinggetriebenen Impulse - nicht gut ab kann. 

 

Was tatsächlich eine Gradwanderung ist. Transformation, Veränderung findet ja nicht im impulslosen Raum statt. Im Gegenteil: Wenn ich mich von etwas löse und noch nicht genau weiß, wohin die Reise geht, suche ich zwangsläufig nach Impulsen von außen. Nach neuen Vorbildern, Lebensentwürfen und manchmal auch Ratschlägen. Die wertvollen Impulse finde ich genauso auf den üblichen Kanäle, wie eben die ganzen nervenden Beiträge. Es ist schwer, den Spreu vom Weizen zu trennen. Es braucht Dosierung und immer wieder Hinterfragung. Auch bei den vielen Tipps zum Ruhestand. Dabei beschäftigen mich gerade so einige Gegensätze, auf die ich auch noch keine abschließende Antwort habe. 

 

Ich oder eine neue Aufgabe?

In vielen Büchern steht geschrieben, dass man unbedingt eine neue Aufgabe, einen neuen Sinn im Leben braucht, wenn man sich von der Erwerbsarbeit verabschiedet. Wenn ich dann aber mit durchaus glücklichen Menschen im Ruhestand rede, gibt es davon einige, die auf die Frage nach der Aufgabe schlicht antworten, dass sie sich jetzt um sich selbst kümmern. Das sie im Vordergrund stehen, sie und ihr Wohlbefinden. Ist das jetzt falsch? Ist das kein gangbarer Weg? 

Ich kann es für mich noch nicht sagen, aber ich finde, das diese Option durchaus auch ein schöner Weg sein kann, den man nicht kleinreden muss. 

 

Bisschen alt oder richtig alt? 

Wie sieht ein alter Mensch in deinem Kopf aus? In meinem ist er richtig alt. Also meine Eltern nehme ich als alt war. Sie sind Mitte 80.

Mich selbst? Weniger. Meinen Mann - der immerhin schon im frühen Rentenalter ist?ß na ja, der ist vielleicht ein bisschen alt. Ein ganz bisschen. Sicherlich haben wir beide ein bisschen mehr Lebenserfahrung als jüngere Menschen. Aber alt? Noch nicht. 

 

Viele Angebote, die sich an ältere Menschen richten, adressieren mich noch nicht. Ich fühle mich schlicht nicht angesprochen. Ich brauche keinen Notfallbutton, keine Busreisen für Senioren und auch kein entsprechendes sonstiges Freizeitangebot. Mir muss der Bauträger sagen, dass er die Wohnung barrierefrei baut. Das finde ich gut, auch die Idee in der Küche die Spülmaschine etwas höher einbauen zu lassen, ist gut. Für später! Also Baumaßnahmen, die wahrscheinlich die nächsten Jahrzehnte so bleiben werden, kann ich schonmal mitdenken. Sie haben bloss gerade nichts mit mir zu tun. 

Angebote für bisschen alt sind dagegen nicht so häufig. Ich weiß auch nicht genau, ob ich sie wahrnehmen würde. Denn darin steckt ja auch schon wieder die Anerkennung, eben ein bisschen alt zu sein. 

 

Die Anerkennung, weniger zu machen

Was mich sehr anspricht, ist alles, was anerkennt, dass es okay ist, wenn ich in dieser Lebensphase weniger mache. Ich also nicht mehr wachsen muss, sondern der ruhige Lebensstil durchaus okay ist. Darin können sich durchaus auch Aufgaben finden, aber ich möchte mich nicht mehr so viel müssen, soviel Druck verspüren. Auch nicht in der dazugehörigen Selbstdarstellung oder gar Identität. 

 

Ich mag es, mich dazu auszutauschen. Auch über die vielen Hürden, die sich auftun. Gerade bei Menschen, die im Leben immer viel gemacht haben. Die Gefahr ist groß, immer wieder in alte Muster zu rutschen. Ist ja auch nicht schlimm, wenn man es merkt und überlegen darf, ob Korrekturen gut tun würden. 

Ich habe in meinen Coachingjahren oft das Bild eines Flusses verwendet, er eignet sich einfach oft. 

 

Hier passt er auch wunderbar. Der Fluss des Lebens, der in dieser Lebensphase bei mir genüßlicher dahinfließen darf, aber die eine oder andere flotte Stelle macht ihn auch aufregend, bringt neue Energie ins System - um dann wieder zurück in ruhigere Gewässer fließen. 

 

Wer weiß, wohin mein Fluss mich noch so führen wird. Lass mich wissen, in welches Gewässer du steuern oder fließen willst und mal dir das gerne ausführlich aus.